Arbeit wieder sichtbar machen
Panel im Rahmen des Themenfestivals ARBEIT!
Schon bald nach dem Mauerfall hat Heiner Müller vorhergesagt, dass von nun an nicht länger die Politik das Schicksal der Menschen bestimmen werde, sondern die Technologie. Die “Hochzeit von Mensch & Maschine” war zeitlebens eine Obsession von ihm. Er hat das nicht nur negativ bewertet – er sah darin auch die einzige Möglichkeit, zu einer Art Unsterblichkeit zu gelangen. 25 Jahre nach seinem Tod blicken wir auf eine rasante technologische Entwicklung zurück. Die Frage nach der Automatisierung der Produktion und der “Einführung von elektronischer Datenverarbeitung in menschliche Beziehungen”, die schon in “Horizonte” 1968/69 aufgeworfen wurden, stellen sich angesichts der Fortschritte in Robotik und künstlicher Intelligenz mit neuer Dringlichkeit. 40 Prozent aller Jobs seien in Gefahr, heißt es. Hannah Arendt hat schon in den frühen 1960er Jahren vor den Verwerfungen gewarnt, wenn die “Abschaffung der Arbeit” auf Grundlage einer “Arbeitsgesellschaft” geschehe. Können wir uns überhaupt eine Gesellschaft vorstellen, die keine “Arbeitsgesellschaft” mehr wäre? Oder wie verändert sich der Begriff von Arbeit, wenn ein Großteil von Maschinen übernommen werden kann? Und was heißt das für die Arbeiter*innen, die man sich nicht länger als männliche Industriearbeiter am Fließband vorzustellen hat, sondern eher als “Überwacher*in und Regulator*in” eines automatisierten Produktionsprozesses, wie ihn Marx im “Maschinenfragment” skizziert hat. Der Kybernetiker Georg Klaus, auf dessen Ideen Gerhard Winterlich beim Schreiben von “Horizonte” zurückgriff, hat versucht, diesen Prozess zu optimieren. Um gleich im Anschluss die Demokratie zu “perfektionieren” durch die Einführung neuer Methoden einer Mitbestimmung in Echtzeit. Könnte es also sein, dass Heiner Müllers Vorstellung von der “Hochzeit von Mensch & Maschine” uns in eine Sackgasse manövriert. Müsste es nicht viel eher um eine Gegenüberstellung von kollektiver und künstlicher Intelligenz gehen?
Ein Gespräch mit ehemaligen Mitgliedern des Arbeiter*innentheaters Schwedt/Oder und der Bildungswissenschaftlerin Eva Renvert, die sich in ihrer Promotion über den “Diskurs des Arbeitertheaters im 20. Jahrhundert” intensiv mit Winterlichs “Horizonte” beschäftigt hat sowie dem Politikwissenschaftler Kolja Möller, der im Rahmen seiner Forschung zu einer politischen Handlungstheorie die Theorien von Georg Klaus wieder entdeckt hat, dem Medientheoretiker Soenke Zehle und Alexander Karschnia (andcompany&Co.).